Sonntag, 31. August 2008

Wohnungssuche

Am Freitag galt es dann, eine Wohnung zu suchen. Igor und ich machten uns auf den Weg zum akademischen Auslandsamt und nahmen einen ungefähr zwei Zentimeter dicken Stapel mit Wohnungsangeboten entgegen. Nachdem Wohnungen ohne Internet oder mit preferencia: chicas sowie solche in ungünstiger Lage aussortiert waren, blieben gar nicht mehr so viele übrig und bei meinen Anrufen vernahm ich auch häufig das Wort ocupado.


Schließlich hat es dann doch geklappt und ich konnte mich direkt nach meinem Anruf auf den Weg machen, um eine Wohnung einige hundert Meter entfernt von der naturwissenschaftlichen Fakultät zu besichtigen. Nachdem auch Igor keine Einwände hatte und 170 € más gastos ein sehr vernünftiger Preis zu sein scheint, gab ich der Hauptmieterin die Zusage, am darauffolgenden Samstag einzuziehen. Mehr dazu weiter unten.


Chipirones


Mittags wurde ich dann von Igors Eltern nach allen Regeln der Kunst gemästet. Abgesehen davon, dass es sehr lecker war, stellte sich mir die Frage, warum die spanische Küche als so gesund gilt. Ich meine, Schweinerückensteaks mit Pommes werden doch auch nicht gesünder, wenn sie in Olivenöl schwimmen, oder? (Oben übrigens ein Foto von meinem donnerstäglichen Abendessen.) Ein weiterer seltsamer Brauch, der mir auffiel, ist die Tatsache, dass sich auf der Anrichte neben dem Küchentisch eine Art Fernseher im Küchenradio-Format mit ca. 10 Zentimeter Bilddiagonale befand, der auch während des Essens lief.


Mittagessen kann in Spanien natürlich auch vier Uhr heißen, was es in diesem Fall auch tat. Da es um diese Zeit viel zu heiß ist, um auch nur daran zu denken, nach draußen zu gehen, beschloss ich meinen Aufenthalt bei Igor mit zwei Partien Pro Evo, die leider beide knapp zu Gunsten des FC Barcelona und gegen Bayern München ausgingen. Dafür zeigte sich Igor sehr interessiert an der Bedeutung deutscher Namen wie beispielsweise Schweinsteiger.


Samstag morgen war ich dann letztmalig gezwungen, auswärts zu frühstücken und glaube seitdem die spanische Kultur ein wenig mehr zu verstehen, als mir beim Betreten einer Bar mit den beiden Eingangsschildern Rauchen verboten und Wir haben frisch gepressten Orangensaft der rauchende Barkeeper erklärte, er habe keinen frisch gepressten Orangensaft.


Gestern bin ich dann in meine jetzige Wohnung eingezogen, die ich mir mit der Hauptmieterin Dita, einer etwas verrückten Chilenin im geschätzten Alter dreißig-irgendwas, der ich noch beibringen muss, dass man mit mir sehr wohl Castellano reden kann, sofern man das nur langsam genug tut, und Melanie, einer Chemiestudentin aus Hamburg teile.


My bed


Heute ist Sonntag, der erste Tag ohne großartige Termine in meinem Kalender, und sowieso erst mal Siesta. Morgen Vormittag (mañana por la mañana) findet der Einstufungstest für meinen Sprachkurs statt - ich würde gerne in den mittleren der drei angebotenen - und am Nachmittag werde ich voraussichtlich den für Erasmus-Studenten zuständigen Matheprofessor aufsuchen.

Freitag, 29. August 2008

Aller Anfang ist schwer

Vorgestern bin ich in Madrid gelandet, um dann erstmal auf dem Weg vom Flughafen zum Busbahnhof meinen Geldbeutel mit fast allen wichtigen Dokumenten zu verlieren. Hab dann mit tatkräftiger Unterstützung von Johannes und Johannes sämtliche Karten sperren lassen und online eine Busfahrkarte bestellt.

Als ich dann mit zwei Stunden Verspätung im Bus saß, galt es, meine Pension und Lidia, eine Freundin von María, meiner Tutorin, über meine verspätete Ankunft zu informieren und mit Johannes einen kleinen Bargeldtransfer via Western Union zu organisieren.

In Valladolid angekommen wurde ich von Lidia und ihrer Freundin Angela abgeholt und konnte nach wortgewaltiger Unterstützung durch Angela sogar ohne Personalausweis mein Pensionszimmer beziehen.

Nachdem die zweite Halbzeit schon angebrochen und meine Laune sowieso unpassend war, verzichtete ich auf meinen ursprünglichen Plan, das Spiel Atlético Madrid gegen Schalke 04 in einer Bar zu verfolgen. War vermutlich auch besser so.
Stattdessen habe ich dann den Abend damit verbracht, meine Eltern durch den Bericht über meine Situation in helle Aufregung zu versetzen - Tschuldigung, Mutti - und möglichst viele Daten von meinen beiden Mobiltelefonen und meinem Laptop zusammmenzuziehen, wobei es mir glücklicherweise gelang, meine Personalausweisnummer herauszufinden, die das zentrale Fetischobjekt sämtlicher spanischer Einrichtungen und Unternehmen zu sein scheint.

Gestern habe ich dann, den von Johannes am Vortag beauftragten Bargeldtransfer nach einiger Diskussion und Identifikation durch meinen Führerschein - der scheint Spanier deutlich weniger anzumachen als so ein Personalausweis mit Nummer - sowie mehreren Telefonaten mit Western Union in einer Bank entgegengenommen.

Anschließend galt es dringenst eine Flasche Wasser zu kaufen. Ich habe dann sogar eine Flasche geschenkt bekommen, da mir die Ladenbesitzerin nicht auf einen Fünfziger rausgeben konnte.

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Danach habe ich ein wenig die Stadt (sehr hübsch ürigens, siehe oben) erkundet, gefrühstückt und mich mit Lidia und Igor, der gemeinsam mit den drei bisher genannten Mädels Chemie studiert, an der naturwissenschaftlichen Fakultät (bockhässlich übrigens, siehe unten) getroffen und zuerst das Auslandsamt der Uni zwecks Meldung meiner Ankunft, und dann die Ausländerpolizei, um den Verlust und möglichen Diebstahl meines Geldbeutels zu melden, aufgesucht. Lidia hat mir dann noch ihre Zugangsdaten für das Uni-WLAN gegeben, nachdem ich die meinigen erst bei meiner Immatrikulation im November erhalten werde.

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Heute habe ich ebenfalls über Western Union Geld von meinen Eltern erhalten, womit mein Überleben für die nächsten Tage gesichert wäre.

Als nächstes werde ich mich zum akademischen Auslandsamt begeben, die mir bei der Wohnungssuche behilflich sein werden. Für heute Abend haben mir Igor und Lidia angeboten, mir die "Stadt beizubringen". Und nächste Woche werde ich einen Tagesausflug nach Madrid unternehmen, um unter anderem einen Reisepass bei der deutschen Botschaft zu beantragen.